Klabund
(* 4. November 1890 in Crossen an der Oder; † 14. August 1928 in Davos)
MAN SOLL IN KEINER STADT
Man soll in keiner Stadt länger bleiben als ein halbes Jahr.
Wenn man weiß, wie sie wurde und war,
wenn man die Männer hat weinen sehen
und die Frauen lachen,
soll man von dannen gehen,
neue Städte zu bewachen.
Läßt man Freunde und Geliebte zurück,
wandert die Stadt mit einem als ein ewiges Glück
Meine Lippen singen zuweilen
Lieder, die ich in ihr gelernt,
meine Sohlen eilen
unter einem Himmel, der auch sie besternt.
Aus: Geliebte Verse. Die schönsten deutschen Gedichte aus der ersten Jahrhunderthälfte. Wiesbaden: Limes, 1951. 3. Auflage 1961, S. 158